Echte Haut für (Sex-)Roboter? Der Stand der Forschung
Eine Frage, die im Zusammenhang mit Sexpuppen und -robotern häufig auftaucht, ist wie sie sich anfühlen. Die Antwort hängt vom Material ab. Heutzutage werden in der Regel Silikon- oder TPE-Mischungen verwendet. Das führt zu einem durchaus angenehmen Hautgefühl, das sich aber klar und deutlich von echter Haut unterscheidet. Das ist der heutige Stand, aber wie werden sich Sexroboter in Zukunft anfühlen?
Werden die Roboter der Zukunft so sein wie in Ex Machina oder wie in Westworld?
Fiktive humanoide Roboter decken ein Spektrum ab, das von vollständig mechanischen (Ava in Ex Machina, die Stepford Wives, die Roboter in den Alien-Filmen) bis hin zu vollständig biotechnologischen Robotern (Replikanten in Blade Runner und, je nachdem, wie man ihn klassifizieren möchte, die Kreatur in Frankenstein) reicht. Beliebt sind auch kybernetische Hybride aus organischem Gewebe und mechanischen/elektronischen Komponenten (Terminatoren, die Roboter in Westworld, die “Skinjob”-Zylonen von Battlestar Galactica), die irgendwo zwischen dem Mechanischen und dem Biologischen angesiedelt sind. Es gibt außerdem ein Spektrum von Herstellungsmaßstäben – viele der humanoiden Maschinen in Hollywood-Filmen sind relativ maßgeschneiderte High-End-Produkte oder Prototypen, die nicht unbedingt in Massen hergestellt werden.
Beginnen wir mit einem Blick auf die mechanisch/biologische Unterscheidung und werfen dann einen Blick auf einige der Extraktions- und Materialanforderungen, die Wartung und die Realitätsnähe der Haut humanoider Roboter.
Auf der vollmechanischen Seite des Spektrums unterscheiden sich die Materialien, die für die Herstellung eines humanoiden Roboters in Filmen benötigt werden, nicht allzu sehr von dem, was heute für die Herstellung humanoider Roboter verwendet wird: Schaltkreise, Armatur, Aktuatoren, eine Energiequelle und mindestens eine Hülle aus hautähnlichem Material, die alle elektronischen Komponenten enthält. Bisweilen kommt auch eine Perücke aus Haar dazu. Hanson Robotics, die Schöpfer des Roboters Sophia, ist vielleicht die bekannteste Firma, die an der Herstellung von menschenähnlichen Robotern arbeitet.Sophias Hautanzug besteht aus einem patentierten Material, das Hanson Frubber nennt. Hansons Patent für ein “menschliches Emulationsrobotersystem” lässt vermuten, dass sich Frubber vielleicht gar nicht so sehr von den auf dem Markt vorhandenen Elastomeren (elastische Polymere) unterscheidet. Das Patent zitiert Produkte von Gussmaterialfirmen wie BJB und Smooth-On, und der Text erwähnt, dass “jedes geeignete Elastomer für Haut verwendet werden kann, wie zum Beispiel Thermoplast, Silikon, Polyvinyl, Polyethylen, Polyurethan [oder] Polyolefin”.Sophias Hautanzug besteht aus einem patentierten Material, das Hanson Frubber nennt. Hansons Patent für ein “menschliches Emulationsrobotersystem” lässt vermuten, dass sich Frubber vielleicht gar nicht so sehr von den auf dem Markt vorhandenen Elastomeren (elastische Polymere) unterscheidet. Das Patent zitiert Produkte von Gussmaterialfirmen wie BJB und Smooth-On, und der Text erwähnt, dass “jedes geeignete Elastomer für die Haut verwendet werden kann, wie zum Beispiel Thermoplast, Silikon, Polyvinyl, Polyethylen, Polyurethan [oder] Polyolefin”.
Es scheint also eher so zu sein, dass Hanson mit ähnlichen Materialien arbeitet, und dabei vielleicht etwas mehr Geld und Zeit verwendet, um eine gute Mischung zu finden. Allgemein ist Frubber nämlich trotzdem als die realistischte Kunsthaut anerkannt – obwohl es im Prinzip aus denselben Materialien besteht wie der Sexroboter ‚Harmony‘ von RealDolls.
Deshalb habe ich mir von denen mal ein Hauttonmuster-Set besorgt. (Mein Urteil: definitiv “fleischig” in Bezug auf Dichte und Elastizität, aber eher kneteartig als tatsächliche Haut).
Materialwissenschaftliche Innovationen, von Bakelit bis Silikon, wurden von Sexspielzeugherstellern, die versuchten, Produkte herzustellen, die sich nicht nur gut anfühlten, sondern auch “lebensecht” waren oder zumindest als solche beworben wurden, schnell aufgegriffen. Laut Real Dolls FAQ-Abschnitt enthält deren Silikonmischung “ein harmloses Öl, das zwischen den Silikonmolekülen schwimmt und dem Fleisch ein realistischeres Gefühl und eine größere Elastizität verleiht” (dies könnte die kneteähnliche Klebrigkeit meines Mustersatzes hervorgerufen haben) und kann bei entsprechender Pflege und Wartung noch mindestens ein Jahrzehnt lang verwendet werden.
Der Sprung zur Verwendung der neuesten gießbaren Materialien führte zu großen Gesundheits- und Sicherheitsproblemen bei der Herstellung von Sexspielzeug, da die Erfinder von beispielsweise Polyvinylchlorid nicht unbedingt darüber nachdachten, ob Menschen dieses Material sicher in ihren Körper einführen können. Das bedeutet, dass man als Verbraucher dem Risiko einer Exposition gegenüber toxischen Chemikalien wie Phthalaten ausgesetzt sein kann, wenn man nicht von einem seriösen Anbieter kauft. Wenn wir von einer Zukunft ausgehen, in der ein Monopolkonzern humanoide Roboter verkauft, würde man hoffen, dass er bei der Verwendung medizinischer Silikonmischungen bleibt, aber in einem Szenario mit mehreren konkurrierenden Roboteranbietern ist das möglicherweise nicht der Fall.
Es gibt komplexe Polymere zur Nachahmung der menschlichen Haut und Mineralienextraktion für Komponenten. Roboter, die diese verwenden, können einige ernsthafte Gesundheitsrisiken mit sich bringen oder auch nicht, je nachdem, ob die Verkäufer Rücksicht auf die Bedürfnisse der Verbraucher nehmen.
Aber es ist nicht klar, dass der Austausch synthetischer Polymere unserer künstlichen Begleiter gegen biologisch-synthetische Hautreplika zu einer weniger ressourcenintensiven androiden Lieferkette führen würde.
Zwar müssen die Schlüsselmaterialien des Gewebe-Engineering, wie Gerüste, Zellen und Nährstoffquellen zur Unterstützung des Zellwachstums, technisch gesehen nicht aus der Erde abgebaut werden, aber sie müssen von irgendwoher kommen. Wenn es zum Beispiel darum geht, menschliche Haut zu erzeugen – eine Praxis, die derzeit bei der Transplantation von Brandwunden und für weitere Nischenanwendungen im Labor, wie z.B. Kosmetiktests, angewandt wird – braucht man Kollagen- und Fibroblastenzellen. Rinderkollagen wird typischerweise als Teil des Endprozesses der Viehschlachtung durch einen Hydrolyseprozess extrahiert, mit dem Rinderhäute zu Leder verarbeitet werden. Rattenschwanzsehnen, die vermutlich von verstorbenen Laborratten stammen, sind ebenfalls eine häufige Kollagenquelle. Wenn man jedoch nach menschlichen Quellen für Kollagen sucht, wird die Versorgungskette etwas undurchsichtiger. Die neonatale Vorhaut ist eine der am häufigsten verwendeten Materialien für die Erzeugung menschlicher Haut im Labor, aber ich war nicht in der Lage einen Hersteller ausfindig zu machen, der “nur Vorhaut macht”. Höchstwahrscheinlich geht es dabei um die Rückgewinnung von Materialien, die sonst in medizinischen Abfallströmen landen würden.
Man bräuchte allerdings nicht endlos viele Hautmaterialien zur Verfügung zu haben, selbst um eine Armee biotechnologischer Roboter aufzubauen: Zellen replizieren sich, und aus einer Vorhaut kann man eine Menge manipulierte Haut gewinnen.(Ein häufig zitierter Artikel aus dem Jahr 1998 behauptet, ein Vorhautmodell sei fünf bis sechs Fußballfelder wert). Die israelische Firma CollPlant Tabakpflanzen sogar dahingehend genetisch manipuliert, dass sie menschliches Kollagen produzieren. Es ist allerdings recht unpraktisch, fussballfeldgrosse Decken aus menschlicher Haut im Lager herumliegen zu lassen, und es gibt bereits Technologien zur Herstellung von Sprühhaut für Verbrennungsopfer, so dass die Hinzufügung einer Hautschicht aller Wahrscheinlichkeit nach ein letzter Schliff für unsere humanoiden Roboter sein könnte.
Aber die Art von Gewebe, die für Transplantationen und Forschung erzeugt wird, ist eine sehr oberflächliche Schicht dessen, was “Haut” ausmacht. “Haut in voller Dicke ist ein ziemlich komplexes Organ, das in einer sehr spezifischen Weise geschichtet werden muss”, sagt Oron Catts, Direktor von SymbioticA, einem Labor an der University of Western Australia, das sich der künstlerischen Erforschung der Biowissenschaften widmet. Zusammen mit seinen Mitarbeiter setzt Catts das Gewebe Engineering seit mehr als 20 Jahren als künstliches Material ein, was ihm mehr als genug Zeit gegeben hat, um einigen Visionen von vollständig biotechnologisch hergestellten Lebensformen als umweltfreundlicherer oder effizienterer Ansatz skeptisch gegenüberzustehen.
“Wenn man Gewebe züchtet, lagert man im Wesentlichen den Körper des Organismus an die Technik aus”, sagt Catts. “Man müsste alle Nährstoffe vorverdauen”, sagt Catts. Man muss sie vor Infektionen schützen. Sie müssen all die Dinge tun, die ein Körper von selbst tut. All diese Tätigkeiten haben ihre eigenen Energie- und Ressourcenkosten, und die dabei verwendete Hardware und Ausrüstung ist ebenso ein Produkt der mineralgewinnenden Industrie wie unsere mechanischen humanoiden Roboter.“
Fazit
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass echte, im Labor erstellte Haut für die Verwendung von (Sex)Robotern ein unrealistisches Szenario ist. Nicht weil es unmöglich zu implementieren wäre, sondern weil es mit all den Nachteilen (Bakterienbefall, Energiebedarf, …) echter Haut käme. Deshalb werden Sexroboter aller Voraussicht nach auch in ferner Zukunft noch aus einem Kern bestehen, der mit Kunsthaut á la Silikon oder TPE überzogen wird.
Auch diese Variante hat seine Nachteile. Wie oben erwähnt ist es bei der Materialherstellung für Lovetoys ein generelles Problem, das es Herstellern sehr leicht gemacht wird, mit unterschiedlichen Mischungen zu experimentieren und negative Auswirkungen auf den Verbraucher oft erst im Nachhinein festgestellt werden.
Gleichzeitig preisen bereits jetzt beinahe alle Verkäufer den Hautüberzug ihres neuesten Toys oder Roboters als ‚wie echtes Fleisch‘ und ‚total lebensecht‘ an, ohne dass der Verbraucher eine Chance hätte dies einzuordnen. Daran wird sich vermutlich ebenfalls nichts ändern. Es ist zu erwarten, dass die Mischungen über die Dauer – insbesondere, falls es ein Material geben sollte, das zugleich weich und hitzebeständig ist und die Verbauung einer Heizung ermöglicht – tatsächlich realistischer werden, ohne je echte Haut nachahmen zu können.
Unabhängig von der Temperatur ist die realistischte Kunsthaut, die ich allerdings niemals selbst berüht habe, deshalb unter Vorbehalt, vermutlich die des zur Zeit am weitesten fortgeschrittenen Roboters von Hanson Roboters, Sophia (kein Sexroboter ;-)).